Unvollständige oder unfertige Maschine

Unvollständige oder unfertige Maschine

Die EU-Kommission hat in dem überarbeiteten Leitfaden zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG eine neue Produktgruppe "kreiert": "incomplete machinery" (unfertigen Maschinen)

Die Version 2.1 des geänderten Leitfadens, die allerdings nur in der englischen Originalfassung vorliegt, können Sie hier einsehen:

EU-Guide Machinery Directive 2006/42/EC
2nd Edition Version 2.1

Unser Autor, Dipl.-Ing. Hans-J. Ostermann, ist der Frage nachgegangen, ob für diese "neue Produktgruppe" eine rechtliche Grundlage in der Maschinenrichtlinie besteht und welche Auswirkungen die Auslegung der EU-Kommission insbesondere auf den Anlagenbau hat. Hierzu hat er drei Themengebiete identifiziert, die für ihn in Zusammenhang mit der EU-Auslegung eine wesentliche Rolle spielen:

  • Eine unvollständige Maschine kann ihre bestimmte Anwendung (Funktion) für sich genommen nicht erfüllen
  • Bestimmte Anwendung
  • Maschinen denen Sicherheitsbauteile fehlen

Auf dieses Thema ist Dipl.-Ing. Hans-J. Ostermann auch ausführlich in seinem Vortrag "EU-GUIDE MASCHINENRICHTLINIE: ÜBERARBEITUNG 2017" auf den Maschinenbautage Köln 2017 eingegangen.

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Eine unvollständige Maschine kann ihre bestimmte Anwendung (Funktion) für sich genommen nicht erfüllen

Eine Eigenheit der unvollständigen Maschine soll nach der Definition in Artikel 2g der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sein, dass sie eine Gesamtheit ist, die "für sich genommen ihre bestimmte Anwendung (Funktion) nicht erfüllen kann". Der EU-Leitfaden zur Maschinenrichtlinie interpretiert diese Passage der Maschinenrichtlinie in seinem § 46 so, dass eine unvollständige Maschine keine bestimmte Anwendung hat. Ein offensichtlicher Unterschied zum Rechtstext.

Maschinen, die eine "bestimmte Anwendung" haben, sollen danach vollständige Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie sein aber ggf. nicht gehandelt werden dürfen, da ihnen Sicherheitseinrichtungen fehlen (s.u.).

Lesen Sie hier den Kommentar unseres Autors, Dipl.-Ing. Hans-J. Ostermann:

Kann ihre bestimmte Funktion für sich genommen nicht erfüllen

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Bestimmte Anwendung

Die Maschinendefinition in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG verlangt, dass ein Produkt, das der Definition entspricht, u.a. "für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt" ist. Auch der Definition der unvollständigen Maschine liegt die "bestimmte Anwendung" zugrunde. Das in der deutschen Richtlinenfassung von "bestimmter Funktion" die Rede ist, liegt einzig daran, dass die Deutsche Übersetzung an dieser Stelle falsch ist. Siehe hierzu:

Unvollständige Maschinen - Definition

Der Begriff "bestimmte Anwendung" ist aber in der Maschinenrichtlinie nicht definiert. Auch der überarbeitete EU-Leitfaden zur Maschinenrichtlinie geht nicht weiter auf diesen Begriff ein. Dabei ist es für die Interpretation der Maschinenrichtlinie in Bezug auf den Maschinenbegriff und noch mehr in Bezug auf den Begriff der unvollständigen Maschine unabdingbar, sich mit diesem Begriff näher zu befassen, will man die Richtlinie interpretieren.

Unseres Autor, Dipl.-Ing. Hans-J. Ostermann, ist der Frage nachgegangen, was unter dem Begriff "bestimmte Anwendung" zu verstehen ist. Dabei hat er festgestellt, dass die Maschinenrichtlinie selbst hierzu gute Anhaltspunkte bietet.

Lesen Sie hier den Kommentar unseres Autors, Dipl.-Ing. Hans-J. Ostermann:

Bestimmte Anwendung

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Maschinen denen Sicherheitsbauteile fehlen

Nach Auffassung des Leitfadens der EU-Kommission zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG -siehe dort § 46- soll es nicht zulässig sein, eine bis auf fehlende Sicherheitseinrichtungen vollständige und damit zwar unsichere aber quasi "verwendendbare" Maschine, als unvollständige Maschine auf dem Markt bereitzustellen. Der EU-Leitfaden führt für solche Maschinen den Begriff der "incomplete machinery" (unfertigen Maschinen) ein und kreiert damit eine neue Maschinengruppe. Solche -unsicheren- Maschinen sollen nach Auffassung der Verfasser des EU-Leitfadens nicht gehandelt werden dürfen.

Für diese "unfertigen Maschinen" fehlt allerdings erkennbar die rechtliche Basis in der Maschinenrichtlinie. Auch geht diese Interpretation an der Intension der Maschinenrichtlinie und auch den tatsächlichen Marktbedürfnissen der Hersteller von Gesamtheiten von Maschinen (Anlagen) vorbei, für die aber gerade die Produktgruppe "unvollständige Maschinen" geschaffen wurde. Anlagenhersteller sind darauf angewiesen solche -unsicheren- Maschinen am Markt zu erhalten, da sie nicht alle in der Gesamtheit verwendeten Komponenten selbst herstellen (können).

Lesen Sie hier den Kommentar unseres Autors, Dipl.-Ing. Hans-J. Ostermann:

Maschinen denen Sicherheitsbauteile fehlen

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