Neue EU-Produktsicherheitsverordnung

Neue EU-Produktsicherheitsverordnung

Am 30.03.23 hat das Europäische Parlament die Produktsicherheitsverordnung beschlossen. Am 25.04.2023 hat auch der EU-Rat zugestimmt. Bis zur Veröffentlichung im Amtsblatt der EU und dem Inkrafttreten sind es nur noch wenige Schritte. 18 Monate später tritt dann eine der wesentlichsten Änderungen seit Jahren im Bereich der europäischen Produktsicherheit für non-food-Produkte in Kraft.

Die Produktsicherheitsverordnung wird weitgehende Auswirkungen auf eine Vielzahl von Unternehmen haben. Auch der Maschinenbau ist betroffen. Spätestens jetzt sollten sich Unternehmen mit den Änderungen vertraut machen und sich darauf vorbereiten. Rechtsanwalt Dr. Ulrich Becker von der Kanzlei CMS Hasche Sigle, regelmäßiger Referent auf dem Deutschen Maschinenrechtstag, hat die 16 wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst:

Die 16 wichtigsten Änderungen, die Unternehmen zur neuen Produktsicherheitsverordnung kennen sollten

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Neue EU-Produktsicherheitsverordnung versus Neue EU-Maschinenverordnung

Viele Produkte im Maschinenbau werden auch dem privaten Verbraucher zur Verfügung gestellt. Das geht weit über die klassischen Verbraucherprodukte hinaus. Sogenannte "Migrationsprodukte", d.h. Produkte, die vom Hersteller eigentlich für den Profibereich gedacht sind, gelangen auch in die Hände von privaten Verbrauchern und fallen damit in den Anwendungsbereich der EU-Produktsicherheitsverordnung. Das muss der Maschinenhersteller im Blick haben.

Auf der 20. MBT-Konferenz Maschinenrichtlinie im Oktober d.J. werden wir dieses Thema deshalb beleuchten:

18.-19.10.2023
Konferenz Maschinenrichtlinie 2023

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Neue ISO 13849-1:2023 in Kraft

Die neue ISO 13849-1:2023 ist in Kraft getreten. Sie löst die ISO 13849-1:2015 ab. Die neue Norm ist allerdings noch nicht harmonisiert und noch nicht im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Diese Schritte werden erfahrungsgemäß einige Zeit dauern. Die Konsequenz ist:

  • Die Anwendung der EN ISO 13849-1:2015 löst weiterhin für den Maschinen- und Anlagenhersteller die -widerlegbare- Konformitätsvermutung aus.
  • Die neue ISO 13849-1:2023 sollte näher am Stand der Technik sein als die Fassung 2015.
  • Vom Hersteller wird verlangt, dass er den Stand der Technik einhält, nicht aber eine harmonisierte Norm.
  • Der Hersteller muss damit prüfen, welcher Fassung der ISO 13849-1 er folgt, um dem Stand der Technik zu entsprechen.

Gerne erklären wir Ihnen die Änderungen in unserem Seminar:

EN ISO 13849-1 SISTEMA

Änderung der Musterbauordnung (MBO)

Die Bauministerkonferenz hat mit Schreiben vom 21.04.2023 einen Vorschlag zur Änderung der Musterbauordnung (MBO) verschickt. Stellungnahmen können hiernach bis zum 26. Mai 2023 abgegeben werden.

Ein für den Maschinenbau wesentlicher Teil ist die bauordnungsrechtliche Behandlung von Windenergieanlagen und die damit im Zusammenhang stehende "Schnittstelle" zum EU-Binnenmarktrecht.

Als Ergänzung zu § 1 (2) wird vorgeschlagen:

Dieses Gesetz gilt nicht für
8. Windenergieanlagen, soweit sie dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG, Abl. L 157 S. 24, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1243/2019 vom 20.06.2019, ABl. L 198, S. 241, berichtigt durch ABl. L 076, S. 35 – Maschinenrichtlinie unterliegen.
____________________
2*Abweichend von Satz 1 Nr. 8 sind auf die dort genannten Windenergieanlagen die § 2 Abs. 4 Nr. 2, §§ 6, 57 bis 64, 67 bis 75, 77, 79, 82 und 84 entsprechend anzuwenden

Damit würde auch im Bauordnungsrecht endlich Rechtsklarheit geschaffen, dass Windenergieanlagen unter EU-Recht fallen und dass das nationale Baurecht insoweit zurücktritt.

Befremdlich erscheint in diesem Zusammenhang allerdings die neu vorgeschlagene Änderung in § 66 hinsichtlich eines statischen Nachweises für Fundamente von Windenergieanlagen:

Bautechnischer Nachweis
(3) Bei
1. [...]
2. [...]
d) Fundamenten für Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 10 m, deren weitere Bestandteile dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/42/EG unterliegen,
muss der Standsicherheitsnachweis [bauaufsichtlich geprüft/durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt] sein;

Das Fundament einer Windenergieanlage ist regelmäßig Bestandteil der Windenergieanlage und wird insoweit von der EG-Maschinenrichtlinie erfasst. Damit verstößt die baurechtliche Forderung einer Prüfstatik gegen EU-Binnenmarktrecht.

Fazit der vorgeschlagenen Änderung hinsichtlich der Abgrenzung nationales Bauordnungsrecht / EG-Maschinenrichtlinie:

  • Der Änderungsvorschlag geht in die richtige Richtung ist allerdings viel zu zaghaft.
  • Das nationale Baurecht muss nicht nur hinsichtlich der Windenergieanlagen zur EG-Maschinenrichtlinie abgegrenzt werden, sondern zu allen "Bauwerken", die in den Anwendungsbereich der EG-Maschinenrichtlinie fallen.
  • Die Grenzen einer Maschine umschließen auch das dafür hergestellte Fundament. Es gibt in der EG-Maschinenrichtlinie keine Ausnahmen für Maschinenfundamente.
  • Die Forderung in § 66(3) 2d) der Musterbauordnung läuft leer, weil Windenergieanlagen über §1(2) Nr. 8 der Musterbauordnung bereits incl. ihrer Fundamente ausgenommen sind.

Zum Thema "Fundamente" siehe ausführlich

Gehören Fundamente, Kranbahnen usw. zur Maschine?

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