EU-Konformitätserklärung: Fundstelle der EU-Richtlinien angeben

EU-Konformitätserklärung: Fundstelle der EU-Richtlinien angeben

In der neuen Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU findet sich in Bezug auf die EU-Konformitätserklärung eine neue Bestimmung, die scheinbar noch nicht überall bekannt ist:

"Artikel 15
EU-Konformitätserklärung
(3) Unterliegt ein elektrisches Betriebsmittel mehreren Rechtsvorschriften der Union, in denen jeweils eine EU-Konformitätserklärung vorgeschrieben ist, wird nur eine einzige EU- Konformitätserklärung für sämtliche Rechtsvorschriften der Union ausgestellt. In dieser Erklärung sind die betroffenen Rechtsvorschriften der Union samt ihrer Fundstelle im Amtsblatt anzugeben."

Gleichlautende Bestimmungen finden sich in den anderen EU-Richtlinien, die dem Beschluss 768/2008/EG "Gemeinsamer Rechtsrahmen für Binnenmarktrichtlinien" (NLF-Richtlinien) folgen, wie z.B. die bei Maschinen regelmäßig anzuwendende EMV-Richtlinie 2014/30/EU.

Das bedeutet, es reicht nach den "NLF-Richtlinien" nicht mehr aus lediglich die Nummer der eingehaltenen EU-Richtlinie in der EU-Konformitätserklärung anzugeben. Es muss auch angeben werden in welchem EU-Amtsblatt diese Richtlinie veröffentlicht wurde. Für die Niederspannungsrichtlinie wäre demzufolge anzugeben:

Richtlinie 2014/35/EU, EU-Abl. L 96/357 vom 29.3.2014

Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG kennt diese Bestimmung zur Zeit noch nicht. Hier wird in Anhang II 1 A Nr. 4 noch verlangt:

"... Anzugeben sind die Referenzen laut Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union"

Allerdings muss man beachten, dass die neuen Bestimmungen dann bei Maschinen zum Tragen kommen, wenn entsprechend der "NLF-Richtlinien" für eine Maschine eine gemeinsame EG/EU-Konformitätserklärung ausgestellt wird, die für alle einschlägigen Richtlinien gilt.

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Niederspannungsrichtlinie: Was sind elektrische Betriebsmittel?

Die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU regelt das Bereitstellen auf dem Markt von "Elektrischen Betriebsmitteln":

"Artikel 1
Gegenstand und Geltungsbereich

Zweck dieser Richtlinie ist es, sicherzustellen, dass auf dem Markt befindliche elektrische Betriebsmittel den Anforderungen entsprechen, die ein hohes Schutzniveau in Bezug auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen und Haus- und Nutztieren sowie in Bezug auf Güter gewährleisten und gleichzeitig das Funktionieren des Binnenmarkts garantieren."

Der Begriff "Elektrisches Betriebsmittel" wird aber in der Richtlinie nicht definiert. Allerdings geht der EU-Leitfaden zur Niederspannungsrichtlinie in einer Fußnote zu Abschnitt II, Nr. 7 "Für welche Produkte gilt die Richtlinie" darauf ein:

"(8) Der Begriff "elektrisches Betriebsmittel" wird in der Richtlinie nicht definiert und ist deshalb in seiner international anerkannten Bedeutung zu verstehen. Im „Internationalen elektrotechnischen Wörterbuch“ der Internationalen elektrotechnischen Kommission (IEC) wird der Begriff elektrische Betriebsmittel wie folgt bestimmt: "Produkt, das zum Zweck der Erzeugung, Umwandlung, Übertragung, Verteilung oder Anwendung von elektrischer Energie benutzt wird, zum Beispiel Maschinen, Transformatoren, Schaltgeräte und Steuergeräte, Messgeräte, Schutzeinrichtungen, Kabel und Leitungen, elektrische Verbrauchsmittel.""

Zur Abgrenzung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG zur Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU siehe:

Ausnahme für elektrische Betriebsmittel

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Elektrische Sicherheit bei unvollständigen Maschinen

Der Text in Anhang I, Nr. 1.5.1. der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL) bezieht sich, wie der gesamte Anhang I der MRL, zunächst nur auf Maschinen. Auf unvollständige Maschinen ist er insofern nicht aus sich heraus anwendbar. Deshalb könnte man den Eindruck gewinnen, dass diese Bestimmung nicht für unvollständige Maschinen gilt. Allerdings muss man den Richtlinientext an dieser Stelle etwas sorgfältiger und vor allen Dingen im Kontext des verfügenden Teils der MRL lesen.

Lesen Sie hier ausführlich die Kommentierung:

Anwendung von Anhang I, Nr. 1.5.1 auf unvollständige Maschinen

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Konformitätsvermutung durch B-Normen?

Kann die Anwendung einer "B-Norm" die Konformitätsvermutung auslösen oder ist das ein alleiniges Privileg der "C-Normen"?

Artikel 7 (2) -Konformitätsvermutung- der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL) bestimmt:

"(2) Ist eine Maschine nach einer harmonisierten Norm hergestellt worden, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, so wird davon ausgegangen, dass sie den von dieser harmonisierten Norm erfassten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen entspricht."

Der Rechtstext unterscheidet dabei nicht zwischen A-, B- und C-Normen. Die Norm muss allerdings alle relevanten Anforderungen der MRL an die Maschine oder das Sicherheitsbauteil abdecken, um für das komplette Produkt die Konformitätsvermutung auszulösen. Das kann grundsätzlich auch eine B-Norm bzw. eine Summe von B-Normen sein.

Siehe auch ganz konkret der EU-Leitfaden zur Maschinenrichtlinie in seinem § 111:

"...
TYP-B-Norm
...
Die Anwendung von Typ-B-Normen, die Spezifikationen für gesondert in Verkehr gebrachte Sicherheitsbauteile enthalten, ergibt eine Konformitätsvermutung für die betreffenden Sicherheitsbauteile hinsichtlich der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen, die durch die Normen abgedeckt werden.
..."

Da also die Anwendung von B-Normen auch die Konformitätsvermutung auslösen kann, können sie auch bei Produkten, die im Anhang IV der MRL gelistet sind, das Verfahren nach Artikel 12 Abs. 3 der MRL auslösen bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen:

"Das in Anhang VIII vorgesehene Verfahren der Konformitätsbewertung mit interner Fertigungskontrolle"

D.h. es wäre dann z.B. eine Baumusterprüfung nicht erforderlich.

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Ist ein Prüfstand zum Prüfen von Maschinen automatisch selbst eine Maschine?

Frage:
Ein Prüfstand zum Prüfen von Elektromotoren verfügt selbst nicht über angetriebene bzw. anzutreibende bewegliche Teile. Er dient lediglich dazu einen Elektromotor aufzunehmen, mit Strom zu versorgen und diesen statisch und dynamisch durch Messungen z.B. der Stromaufnahme zu prüfen. Der Elektromotor selbst dreht sich bei Teilen der Prüfung, er treibt aber dabei keine beweglichen Teile des Prüfstandes an, da solche Teile schlicht nicht vorhanden sind. Fällt dieser Prüfstand unter den Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL)?

Antwort:
Der beschriebene Prüfstand fällt nicht unter den Anwendungsbereich der MRL. Er fällt unter den Anwendungsbereich der Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU sowie der EMV-Richtlinie 2014/30/EU.

Der Prüfstand entspricht nämlich nicht der Maschinendefinition in Artikel 2a der MRL. Hier fehlt es allein schon an der Grundvoraussetzung der Definition "miteinander verbundene Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist".

Der Prüfstand ist zwar dafür vorgesehen, einen Elektromotor statisch wie auch dynamisch zu prüfen. Insofern verfügt die Kombination Prüfstand / Prüfling im Prüfzustand über "miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist". Dabei muss allerdings beachtet werden, dass der Prüfling nicht z.B. als "Antriebssystem" Bestandteil des Prüfstands wird, sondern schlicht nur das zu prüfende Gerät darstellt. Der Prüfling treibt im Prüfbetrieb erkennbar keine "miteinander verbundenen beweglichen Teile oder Vorrichtungen" des Prüfstands an (die gibt es ja gar nicht) und stellt insofern kein Antriebssystem im Sinne der Definition in Artikel 2g der MRL dar.

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